Mit Moderation zum Erfolg

Warum «schubsen» beim Moderieren wichtig ist: 4 Elemente, die jede Moderation unwiderstehlich machen

Verlaufen eure Sitzungen oft in endlosen Diskussionen? Reicht die Zeit nie aus? Ist das Ergebnis unzufriedenstellend? Leider ist das keine Seltenheit, sondern nach wie vor eine grosse Mehrheit an Erfahrungen mit Sitzungen.

Moderation ist in der Teamarbeit ein kritischer Erfolgsfaktor geworden. Einfach zusammensitzen und alles ausdiskutieren braucht nicht nur unglaublich viel Zeit, sondern auch Nerven. Die Resultate lassen sich dann auch oft nicht zeigen.

Martin Eppler und Sebastian Kernbach haben dies erkannt und an der Universität St. Gallen (HSG) zu effizienten und effektiven Sitzungsmanagement geforscht. Ihre Erkenntnisse haben sie in einem Buch zusammengefasst und darin das Meet-Up Modell beschrieben.

Das Meet-Up Modell ist einfach anzuwenden. Es eignet sich für vor Ort oder Online-Workshops. Es besteht aus einem Modell und einer Sammlung von «Schubsern». Hier erstmal das Modell mit vier Elementen, welche jede Moderation unwiderstehlich machen.

1. Fokus wird vor einer Besprechung oder zu Beginn einer Moderation gegeben. Darunter fallen folgende Fragenstellungen:

  • Was ist das Ziel des Treffens?
  • Welche Teilnehmenden braucht es, um das Ziel zu erreichen?
  • Wie kann ich am Anfang der Sitzung alle Teilnehmenden möglichst einfach kurz einbeziehen?
  • Wie kann in einer Sitzung unrelevante Themen würdevoll aufnehmen oder Diskussionen besprechen?Wie kann ich in einer emotionalen Situation die Möglichkeit geben, dass sich alle kurz entladen, um den Fokus später halten zu können?

2. Orientierung ist stark kommunikationsgebunden und basiert auf folgenden Fragen:

  • Welcher Raum unterstützt mich in meinem Ziel? Braucht es einen hellen, grossen oder kleinen, dunklen Raum?
  • Wie gestalte ich die Agenda, damit die Teilnehmenden verstehen, wo man steckt?
  • Braucht es ein Meeting Charta, damit die Teilnehmenden gerne in die Sitzung kommen? (Meeting Charta = Regeln für gemeinsame Meetings)
  • Braucht es Signalisationskarten, damit Teilnehmende ihre Haltung einfacher kundtun können, ohne etwas zu sagen?

3. Involvierung wird oft mit Nudges erreicht, und geht um den Einbezug von Teilnehmenden:

  • Was muss ich genau aus den Teilnehmenden abholen, kreieren oder herausholen? Wie kann ich dies am einfachsten herausmoderieren?
  • Geht es um einen Entscheid, Ideen, Inputs zu Varianten, mögliches Vorgehen?
  • Wie kann ich sichergehen, dass sich Teilnehmende abgeholt fühlen?
  • Wie hole ich introvertierte Teilnehmende ab?
  • Wie stelle ich sicher, dass nicht einfach die gesprächigste Person spricht?

4. Verpflichtung ermöglicht es, den einbezogenen Personen Verantwortung zu übergeben und die Umsetzung sicherzustellen.

  • Wo halte ich sichtbar für alle fest, wer was macht und bis wann?
  • Wie zufrieden sind die Teilnehmenden mit dem Ergebnis auf einer Skala von 1-10?
  • Wie zufrieden waren die Teilnehmenden mit dem Workshop?
  • Wo kann ich einen Entscheid im Workshop dokumentieren und von allen unterschreiben lassen?

Nudges – ein «Schubsen» in die richtige Richtung

Zusätzlich zum Modell bieten die Autoren 100 Nudges an, um Sitzungen zielführender zu gestalten. Nudges sind Elemente, um Teilnehmende gezielt in eine Richtung zu «schubsen». Für die Teilnehmenden oft unbewusst, werden so die richtigen Fragen gestellt, die wichtigen Punkte erarbeitet oder einfach viel Zeit gespart.

Nudges kennt man auch aus dem Alltag: Wenn man auf eine Rolltreppe geht, gibt es oft unten an der Rolltreppe gelben Fussabdrucke. Weil ein Grossteil der Personen beim Betreten einer Rolltreppe auf den Übergang schaut um den ersten Schritt zu timen, sieht man dann gleich noch die gelben Fussabtrücke. Rechts zwei nebeneinander (für „hier steht man“) und links mit leicht versetzten Füssen (für „hier läuft man“). Dieser Nudge hilft, eine Ordnung ins Rolltreppen fahren zu bringen.

Folgende Nudges kann ich als Vorgeschmack weitergeben:  

  • Check-in Runde: Lass die Personen zu Beginn des Workshops etwas sagen. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Personen einbezogen fühlen und nicht schon ab Beginn ihren eigenen Aufgaben nachgehen. Zentraler Nudge bei Online-Meetings, damit Teilnehmende ihre offenen Aufgaben unterbrechen und zuhören. Mögliche Fragen:
    • Welche von diesen Wetter-Icons zeigt eure Stimmung am besten und warum? (dazu vorher Wetter-Icons vorbereiten wie Sonne, Wolke & Sonne, Regen, Gewitter, etc.)
    • Was war dein Highlight im Projekt bisher?
    • Was geht euch gerade durch den Kopf?
    • An welchen Film erinnert dich der Projektablauf bisher?
    • Was ist euer Lieblingsessen?
    • Welche Superkraft möchtet ihr haben und warum? (Das man sich dadurch auch gleich noch besser kennenlernt ist ein willkommener Nebeneffekt.)
  • Sichtbare Uhr: In Moderationen ist es nicht nur die Verantwortung vom Moderator, dass sich die Teilnehmenden an die Vergänglichkeit der Zeit erinnern. Eine sichtbare Uhr im Raum verstärkt die Wahrnehmung über das Verstreichen der Zeit. Sollten es viele hochrangige und vielsprechende Teilnehmenden geben, empfiehlt es sich auch einmal, eine digitale Uhr mit Geldrechner transparent laufen zu lassen. Am Ende ergibt sich dann gleich eine tolle Auswertungsmöglichkeit: „Rechtfertigen die Kosten von XY Franken das erzielte Resultat?“
  • Blitzrunde: Am Anfang eines (emotionalen oder wichtigen) Meetings, jedem Teilnehmenden Redezeit geben, in zwei bis drei Sätzen sich zum Thema kurz zu äussern. Personen tragen Themen oft im Kopf mit sich in eine Sitzung, welche sie z.B. unter der Dusche, auf dem Weg zur Arbeit oder in der Pause formuliert haben. Diese zu Beginn auszusprechen, ermöglicht es, dass sie danach zuhören können.
  • Dot-Voting: Sind Varianten einmal gebildet, kann mit einem Dot-Voting eine Diskussion verkürzt oder gar weggelassen werden. Wenn die Teilnehmenden in der Erarbeitung von Varianten einbezogen sind, haben sie bei der Fertigstellung oft schon eine Präferenz.
  • Think-Pair-Share oder 1-2-4-all: Bei der Suche von Massnahmen oder Optionen in einer Gruppe passiert es oft, dass extrovertierte Personen ihre Ideen pitchen und eher introvertierte Personen auf ihren (oft grossartigen) Ideen sitzen bleiben. Think-Pair-Share bietet die Möglichkeit, alle Teammitglieder einzubeziehen und Informationen gleich etwas zu verdichten bzw. priorisieren. Zuerst wird eine Aufgabe gestellt (bsp. „Welche Risiken seht ihr in diesem Vorgehen?“). Danach erhält jede Person eine gewisse Zeit, sich Ideen zu notieren oder zu überlegen. Danach werden diese in Zweiergruppen ausgetauscht und schlussendlich in der Gruppe geteilt. Eine Erweiterung von dieser Variante ist der Nudge „1-2-4-all“. Dabei wird vor der Gruppendiskussion noch in Vierergruppen diskutiert. Sinnvoll vor allem in grösseren Gruppen ab 8 Personen.
  • Gallery-Walk: Gemeinsam durch einzelne Varianten durchzugehen und jedes Detail zu besprechen ist mir schon öfters vorgekommen als ich zugeben möchte. Sind unterschiedliche Varianten ausgearbeitet und es geht darum, diese kritisch zu beleuchten oder allenfalls ein Entscheid zu treffen, ist der Gallery Walk ideal. Drucke die Varianten gross aus (mindestens A3, besser A2), hänge sie an die Wand und definiere, wie diese von den Teilnehmenden korrigiert werden können. Dadurch hat jede Person Zeit, die Details anzuschauen und seine Detail-Inputs zu geben. Die moderierende Person kann so während den Arbeiten die Inputs kurz prüfen und auch schauen, was überhaupt diskutiert werden muss.
  • Expert-Level: Gleich noch eine Bewertungsmöglichkeit pro Variante geben. Zum Beispiel: „Wie gut gefällt dir diese Variante von 1-5?“ Dadurch könnte man gleich die Priorisierung ableiten, in welcher Reihenfolge die Varianten diskutiert werden sollten. Grosse Gaps in der Bewertung (z.B. drei Personen geben 5, eine Person eine 2) fallen ebenfalls gleich auf und können adressiert werden.

Moderieren erlernen

Die wunderbare Renate Willimann und ich haben hierzu eine zweitägige Schulung aufgebaut. Wir zeigen dir das Modell noch etwas genauer, üben die Moderation anhand des Modells und geben dir wichtige Praxistipps mit auf den Weg. Interesse? Dann melde dich hier.

Dein Kontakt

Christian Wyss, Agile & Quality Professional

Christian weiss, wie man Business-Pläne schmiedet und umsetzt. Wenn er nicht grad neue Academy-Angebote ausheckt, dann bringt er mit seiner Beharrlichkeit als Scrum Master Teams in ihrer Entwicklung weiter. Daneben ist liebevoller Vater und passionierter Hockeyspieler.