Agil, …aber mit Menschen
Eine erfolgreiche Umsetzung agiler Strategien ohne Menschen geht nicht
Schaut man sich heute die Programme zur agilen Transformation an, so wird man in einem nicht unerheblichen Masse feststellen, dass es zugeht wie bei den Technikern: Wenn man etwas effizienter und effektiver zukünftig gestalten möchte, dann nimmt man am besten ein neues Tool. Eine neue Entwicklungsumgebung oder ein neues Ablagesystem für Dokumente, dass man noch besser konfigurieren kann. Das dadurch die von den Mitarbeitern erstellten Dokumente nicht besser werden Bedarf an dieser Stelle nicht wirklich einer Diskussion.
So in etwa verhält es sich mit der Einführung neuer Prozesse und den damit verbundenen Tools. Wo bleibt hier der Faktor Mensch oder genauer gesagt der Mitarbeiter? Es sind nicht die agilen Prozesse, die innovative Produkte designen oder Lösungen für Kunden entwickeln. Es sind auch nicht die täglichen agilen Meetings, die Probleme lösen. Es sind die Menschen innerhalb und ausserhalb einer Organisation, die an den täglichen Herausforderungen direkt beteiligt sind.
Wie also transformiert man die Mitarbeiter? Was macht man mit einem unverzichtbaren C++ Entwickler, der über 20 Jahre Berufserfahrung hat und sagt, dass er mit alle dem nichts zu tun haben möchte und nur seinen Job machen will?
Jetzt werden einige sagen, dass jeder ersetzbar ist. Das stimmt nur bedingt. Langfristig eventuell, kurz- bis mittelfristig sicherlich nicht. Es sei denn man möchte direkt oder indirekt die Liste der Projektrisiken erheblich erweitern. Gerade in diesen Zeiten, in der man froh sein kann, dass man engagierte und kompetente Mitarbeiter in seinem Team hat, die noch dazu ein hohes Mass an Erfahrungen mitbringen. Denn mit zunehmender Komplexität der Anforderungen, steigt auch die Komplexität der geforderten Lösung.
Weiter sollte man sich vor Augen halten, dass nicht nur geeignete Mitarbeiter hierfür notwendig sind, sondern auch, dass die technische Umsetzung der Anforderung immer auf fehlerhaften Tools basiert, dessen Ergebnis Fehlerfreiheit fordert. Dies ohne erfahrende Mitarbeiter zu machen ist fast unmöglich. Wie also begeistert man z.B. Wasserfall-Mitarbeiter für die agile Welt?
Ich empfehle, dass mit der Transformation eines Unternehmens oder meistens auch nur der IT, in eine agile Organisation auch ein Change-Management-Projekt für die Mitarbeiter einher gehen sollte. Immer noch ist die Kluft zwischen denjenigen, die diese agilen Prozesse definieren und denen die sie letztendlich leben sollen immer noch zu gross. Die Teams sollten stärkeren Einfluss auf die Gestaltung des agilen Prozesses haben.
Manchmal ist es sinnvoll einwöchige Sprints zu haben. Manchmal, bedingt durch die zugrundeliegende Komplexität, machen auch Sprints von fünf Wochen Sinn. Das gleiche gilt für die Daily Standup-Meetings. Täglich ist nicht immer sinnvoll und eine Vorgabe von aussen schon gar nicht. Es sollte innerhalb des Teams entschieden werden, auch ob es wirklich sinnvoll ist, dass jeder alles macht. Es heisst nicht umsonst, dass man seine Stärken ausbauen und nicht an seinen Schwächen zugrunde gehen sollte.
Auch auf Prozess-Level gilt: A fool with a tool, is still a fool. Um das maximale Committent seitens der Mitarbeiter gegenüber einer neuen agilen Organisationsstruktur zu erlangen, sollten auch Change-Programme für Mitarbeiter durchgeführt werden und die agile Transformation begleiten. Ich empfehle einen Blick in das Umfeld von Soziokratie 3.0 zu werfen, die ein geeignetes Mittel zur Integration von Mitarbeitern in neue Organisationsstrukturen bieten könnten. Letztendlich bildet die Grundlage einer jeden erfolgreichen Änderung die Motivation und Bereitschaft dies auch zu wollen. Dies funktioniert meiner Meinung nach nur mit gegenseitigem Vertrauen und Respekt. Tägliche Kontrolle ist eher ein Demotivator.
Dieser Beitrag löst sicherlich nicht die hier beschriebene Probleme mit den damit verbundenen Herausforderungen. Vielmehr sollte dieser Beitrag verdeutlichen warum das Thema agile Methoden und Organisationen an der Basis immer noch skeptisch betrachtet wird und dass das Problem nicht die Strategie und ihre Methoden selbst sind, sondern vielmehr die Integration der Mitarbeiter.
Mit über 20 Jahren Erfahrung im Bereich Stakeholder-Management als Consultant ist alles was man tut erstens immer für andere und zweitens immer eine vertrauensbildende Massnahme. Den Mitarbeitern muss gezeigt werden, dass der agile Weg der bessere ist; sowohl auf der persönlichen Ebene wie auch auf Ebene der Organisation. Das Stichwort ist hier Balanced Scorecard und Strategic Maps. Hierzu wird es von mir sicherlich nicht nur ein Follow-Up geben.